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Taktikanalyse: Aue zeigt dem BTSV die Wichtigkeit von Standardsituationen

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Das Jahr 2021 startet für die Blau-Gelben mit einer 3:1-Niederlage beim FC Erzgebirge Aue. Die Braunschweiger hielten phasenweise sehr gut mit, waren gerade zu Beginn sehr stark und gingen in der 17. Minute durch Kaufmann in Führung. Wie konnte Aue zurück in das Spiel finden und am Ende sogar mit 3:1 als Sieger vom Platz gehen?

Aufstellungen

Aufstellungen

Im Vergleich zum Pokalspiel gegen den BVB veränderte Daniel Meyer die Startelf auf drei Positionen. Für Abdullahi, Wiebe und Kobylanski starteten Proschwitz, Ziegele und Kroos. Zusätzlich wechselte der ehemalige Aue-Trainer im Vergleich zu letzten Partie zurück zu einem 4-2-3-1-System, welches man zuletzt auch in der Liga spielte.

In den Schlussminuten stellte Daniel Meyer seine Mannschaft auf eine Dreierkette um und brachte mit Kobylanski, Abdullahi und Otto weitere Offensivakteure.

Auf der Gegenseite agierte Dirk Schuster mit seinem Team in einem 4-3-3-System, wobei Riese sich im Mittelfeld stets deutlich tiefer positionierte als Hochscheidt und Fandrich.

Mehr Ruhe im Spiel mit Ball

Die Abstöße von Fejzic wurden mal lang ausgeführt, allerdings wurden einige Abstöße auch kurz ausgeführt. Im flachen Spielaufbau gelang es den Braunschweigern situativ gut den Gegner anzulocken und im Anschluss dann zu überspielen. Ein Positivbeispiel hierfür ist eine Szene aus der 26. Spielminute.

Aue übt Druck aus und schafft Überzahl in Ballnähe

Fejzic (16) erhält im Anschluss an einen flach ausgeführten Abstoß den Ball von Wydra (6), gleichzeitig lässt sich Kammerbauer fallen (39). Dieses situative Fallenlassen eines Sechsers sah man in diesem Spiel immer wieder bei den Löwen. Durch die tiefere Positionierung von Kammerbauer rückt Fandrich (5) aus seiner Position heraus um den Braunschweiger zuzustellen. Hochscheidt (7) war bei den flachen Abstößen auch höher positioniert, weshalb es die Lila-Weißen nun auf der ballnahen Seite Überzahl schaffen. Allerdings wählt Fejzic nun nicht den langen Ball auf einen der hoch positionierten Offensivspieler. Stattdessen wird erneut Wydra angespielt.

Braunschweig schafft es dennoch sich zu befreien

Der Pass auf Wydra provoziert Zolinski (31) zum Anlaufen. In dessen Rücken befindet sich allerdings Ziegele (40) breit an der Außenlinie und wird von Wydra angespielt. Dieser Pass ist nicht ganz risikolos, aber in diesem Fall erfolgreich und sehr wichtig. Nun hat Ziegele durch das hohe Aufrücken von Aue sehr viel Platz zum Andribbeln und leitet so den Angriff mit ein, in welchem er am Ende sogar selber zu einer Toraktion kommt.

Allgemein wirkte das Spiel mit Ball dieses Mal deutlich ruhiger, da nicht jeder Ball bedingungslos nach vorne gespielt wurde, stattdessen wurde immer wieder hinten rum gespielt und so das Tempo aus dem Spiel genommen. Dabei übernahmen insbesondere Wydra und Nikolaou eine wichtige Rolle im Spielaufbau.

Nach den Phasen der Beruhigung folgte in vielen Situationen allerdings kein geordneter flacher Spielaufbau. Oftmals folgte auf ein langsames Andribbeln ein langer Ball der Innenverteidiger.

So schaffte es Aue die Spielkontrolle zurückzuerlangen

Im Auer Spiel waren insbesondere Ballas und Gonther wichtig für das Aufbauspiel der Sachsen. Situativ ließ sich noch Riese oder Fandrich fallen um im Spielaufbau zu unterstützen.

Zu Beginn des Spiels gelang es den Gastgebern sehr selten, sich flach bis nach vorne durchzuspielen, da Braunschweig gut zustellte. Stattdessen wurde oft der lange Ball gewählt, welcher nicht von Erfolg gekrönt war.

Aue zu Beginn mit Problemen im Spielaufbau

Diese Szene zeigt einen Auer Spielaufbau aus der Anfangsviertelstunde. Riese (17) lässt sich zwischen die beiden Innenverteidiger fallen, welche sich breit positionieren. Riese wird Kroos (18) langsam angelaufen. Riese hat mit Fandrich (5) eine Anspielstation hinter der ersten Pressinglinie der Braunschweiger, wobei dieser sofort von Kammerbauer (39) gepresst werden würde. Eine gute Spielfortsetzung bei einem Anspiel von Fandrich wäre auch schwer möglich. Ansonsten sind nur Ballas (6) und Männel (1) anspielbar.

Das Anlaufen von Kroos reicht aus, dass Riese die Geduld verliert und versucht das Spiel mit einem langen Ball auf Strauß zu eröffnen. Dieser landet im Endeffekt im Aus. Im weiteren Verlauf der ersten Halbzeit gelang es der Heimmannschaft den Spielaufbau erfolgreicher zu gestalten.

Die Veilchen schafften vermehrt Anspielstationen hinter der ersten Pressinglinie der Braunschweiger und sorgten auch für mehr tiefe Passoptionen in ihrer letzten Reihe (Krüger, Zolinski, Testroet). So gelang es der Elf von Dirk Schuster das Spieltempo zu erhöhen und den Braunschweiger Block öfter zu knacken.

Aue schafft es im Laufe der 1. Halbzeit den Spielaufbau zu verbessern…

In dieser Szene ließen sich Riese (17) und Fandrich (5) nicht zum Spielaufbau zwischen die Innenverteidiger fallen. Somit mussten Kroos (18) und Proschwitz (33) nicht nur darauf achten was Gonther (26) und Ballas (6) machen, sondern auch immer wieder schauen was in ihrem Rücken passiert.

Fandrich gelang es im Verlauf der ersten Halbzeit immer öfter sich im Rücken der ersten Braunschweiger Pressinglinie freizulaufen, so auch in dieser Szene. Nachdem dieser den Ball von Gonther erhält, attackieren ihn Kammerbauer (39) und Bär (15).

… und effektiver in die Tiefe zu spielen.

Krüger (11) rückt von dem Flügel etwas in Richtung des Zentrums und schafft so eine Anspielstation für Fandrich (5), welcher sich nach Erhalt des Passes aufdreht. Zwar übt Kammerbauer (39) gut Druck auf Fandrich aus, allerdings kann dieser Kammerbauer mit einem einfachen Doppelpass mit Krüger überspielen. Am Ende dieser Aktion befindet sich Fandrich in dem freien markierten Raum und hat mehrere Möglichkeiten der Spielfortsetzung. Schiebt Breitkreuz (12) mit hoch, so kann er diesen auf dem Flügel in die Tiefe schicken, startet Testroet (37) im Rücken von Nikolaou (4) in die Tiefe, so kann er diesen anspielen.

Diese Szene steht für die spielerische Entwicklung der Heimmannschaft im Verlauf der ersten Halbzeit. Zu Beginn spielten die Lila-Weißen viele langsame Verlagerungen in ihrer ersten Aufbaureihe. Dies übte wenig Druck auf den BTSV aus und die Gäste konnten so immer wieder die entstehenden Lücken schließen. Insbesondere nach dem Gegentor agierte die Heimmannschaft vertikaler und versuchte auch immer mehr aktiv Anspielstationen hinter der ersten Pressinglinie von Braunschweig zu schaffen. Schafften die Veilches die Braunschweiger erste Pressinglinie zu überspielen und ins Tempo zu kommen, wurde es immer wieder gefährlich.

Braunschweig macht es dem BVB bei Defensivstandards gleich

Erst vor einigen Wochen hat der 1. FC Köln in der Bundesliga gegen den BVB bewiesen, wie viel Einfluss Standardvarianten auf eine Partie haben können. Köln erzielte zwei nahezu identische Tore nach Eckbällen und konnte bei den Schwarz-Gelben gewinnen. Auch am vergangenen Sonntag konnte der FC Erzgebirge Aue mit zwei ähnlichen Eckballvarianten das Spiel mit 3:1 für sich entscheiden.

Ausgangssituation vor dem 1:1 durch Krüger

Aue positionierte mit Ballas (6), Breitkreuz (12) und Zolinski (31) drei Spieler am ersten Pfosten. Diese drei Spieler wurden von Wydra (6), Proschwitz (33) und Kroos (18) in Manndeckung genommen. Gonther (6) orientierte sich in Richtung des Torwarts und wurde von Nikolaou (4) gedeckt. Am zweiten Pfostem lauerten Krüger (11) und Testroet (37) im Rückraum. In diesem Bereich spielten die Löwen eine Raumdeckung. Der Raum vor den beiden Stürmern wurde von Kammerbauer (39) und Ziegele (40) besetzt.

Bei Ausführung der Ecke schafft es Zolinski sich zwei Meter von Kroos zu lösen und sorgt so für eine starke Besetzung am ersten Pfosten. Zolinski befindet sich nun vor Proschwitz, welcher so nicht in das Kopfballduell mit Breitkreuz kommt. Der Auer Rechtsverteidiger verlängert den Ball in das Zentrum wo Krüger einläuft und im Endeffekt den 1:1 Ausgleichstreffer erzielt.

Besonders problematisch in dieser Situation ist die scheinbar unklare Zuteilung am ersten Pfosten, da Zolinski es sehr leicht schafft sich zu lösen und so für mehr Druck am ersten Pfosten sorgen kann. Ein weiteres Problem ist, dass Kammerbauer den Raum vor dem Tor abdeckt, da der Mittelfeldspieler einen klaren Größennachteil hat. Der spätere Torschütze Krüger ist 12cm größer als Kammerbauer.

Das 1:3 entstand im Endeffekt aus einer sehr ähnlichen Variante von der anderen Seite.

Fehlende Konterabsicherung beim 1:2

Nicht nur die beiden Eckballgegentore resultierten aus gravierenden Fehlern in der Defensive. Auch beim 1:2 aus Braunschweiger Sicht wurden einige Mängel offensichtlich.

Die Konterabsicherung glückte vor dem 1:2 nicht

Nach einer Ecke bringen die Löwen den Ball zweimal wieder in Richtung Strafraum. Dennoch schaffen sie es nicht in der Zeit eine nötige Konterabsicherung zu schaffen. Zolinski (31) und Nazarov (10) positionieren sich vor den absichernden Braunschweiger Verteidigern. Testroet (37) gibt auf Höhe der Mittellinie Breite und Krüger (11) posititioniert sich auf der linken Seite tiefer breit. Kammerbauer (39) und Schlüter (3) sind etwas tiefer positioniert, die restlichen Braunschweiger befinden sich in oder um den gegnerischen Strafraum.

Breitkreuz (12) schafft es, den Ball auf Riese (17) zu spielen. Dieser steht nun mit der Blickrichtung zum Spielfeld und hat viele Optionen, das Spiel fortzusetzen. Kammerbauer (39) spekuliert auf einen Pass zu Krüger und reißt dadurch die Lücke, welche bespielt wird. Nazarov wird angespielt, kann aufdrehen und hat erneut viele Optionen. Wie es weitergeht, ist jedem bekannt.

Somit ist nicht zwingend die Verteidigung unmittelbar vor dem Torabschluss das Problem, sondern vielmehr die Absicherung bei der eigenen Ecke. Braunschweig schaffte es nicht, schnell genug sich tief zu positionieren oder den eröffnenden Pass von Riese zu verhindern. Die Auer hatten dadurch in dieser Aktion viel zu viele Optionen in der Spielgestaltung, welche zuvor geschildert wurden.

Fazit

Diese Niederlage war definitiv vermeidbar, da alle drei Gegentore aus gravierenden Defensivfehlern entstanden. Allerdings war auch in diesem Spiel wieder zu erkennen, dass Eintracht zunehmend versucht, mehr mit Ball zu machen. Es gibt mittlerweile mehrere andere Wege im Spiel mit Ball, als den Ball nur lang auf Proschwitz zu spielen. Die Löwen schaffen es öfter in gefährliche Offensivaktionen zu kommen, wobei es zu selten in gefährlichen Abschlusssituationen endet.

Im Großen und Ganzen ist eine Entwicklung zu erkennen, auch wenn diese immer wieder durch grobe Defensivfehler gestört wird. Man darf gespannt sein, ob Brian Behrendt den Braunschweigern neue Stabilität gibt. Am kommenden Montag trifft der BTSV auf formstarke Düsseldorfer.

Auf geht´s Eintracht kämpfen und siegen!

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