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Datenscouting. Warum Wetterfrosch Peter Vollmann einfach nur Unrecht hat.

6 min read

Hallo Löwen,

Peter Vollmann, Geschäftsführer Sport bei Eintracht Braunschweig, äußerte sich bei der Jahreshauptversammlung zweimal zum Thema Datenscouting. Das erste Mal bei der Infoveranstaltung für Fördermitglieder beantwortete er meine Frage, wie Eintracht mit Daten im Bereich Scouting Arbeit, folgendermaßen:

„Ich habe mit Trainern gesprochen, die haben 3000 Leute mit Daten gescoutet und danach keinen Spieler verpflichtet. Man sollte sich lieber die Spieler selbst ansehen.“

Später, auf der eigentlichen Jahreshauptversammlung, beantwortete er eine zweite Frage zu dem gleichen Thema und nimmt sogar an, dass die Frage von mir stammt, was nicht der Fall war. Diesmal reagierte er sogar ein bisschen genervt:

„Es wird keine Scouting- Abteilung geben. Wir haben Daten, aber Daten allein sind nicht entscheidend, sondern das was wir mit den Augen sehen. Wir fahren auch nicht wild durch Europa, wir fahren dahin wo wir wissen, da sind gute Spieler, die wir finanzieren können. Wir haben keine 4000 Scouting Bögen da liegen, wo hinterher keiner mehr weiß, was Scouting bedeutet. Wir schauen uns die Spieler nach unseren eigenen Kriterien an.“

Mir wird schnell hier klar, Peter Vollmann hat keine Ahnung von Datenscouting. Ich fühle mich in der Pflicht das Thema ein bisschen aufzuklären.

„Wie ist das Wetter morgen?“

Nehmen wir mal an, du willst morgen in den Harz wandern gehen. Was für Vorbereitungen musst du treffen? Die meisten von uns, das nehme ich mal stark an, würden ziemlich am Anfang der Planung die Wetterprognose checken. Ist es morgen bewölkt oder scheint die Sonne? Was ist die Regenwahrscheinlichkeit? Wie Warm oder Kalt ist es? Ist es windig? Alles das kann ich mit einem Blick auf die Wettervorhersage erfahren. Das sind für mich wichtige Informationen, wenn ich packe und meine Wanderung plane.

Die Wettervorhersage hilft mir mit zwei konkreten Punkten. Erstens, sie gibt mir aktuelle Informationen über das Wetter, die ich sonst nicht erfahren würde. Auch wenn ich am nächsten Morgen aus den Fenstern schauen würde, könnte ich nicht wissen, wie das Wetter in ein paar Stunden im Harz aussehen wird. Es erweitert meine Informationsdeckungsfläche.

Die zweite konkrete Hilfe ist, dass die Wettervorhersage meine Planungen mit Informationen untermauert. Werden es 30 Grad im Schatten sein, brauche ich meine Winterklamotten nicht einpacken usw. Das heißt nicht, dass es theoretisch im Harz nicht kalt sein könnte, aber die Wettervorhersage gibt mir die Sicherheit, dass dies sehr unwahrscheinlich ist.

Nicht anders ist es mit Datenscouting. Es erweitert die Informationsdeckungsfläche und erhöht die Wahrscheinlichkeit die richtigen Spieler im Visier zu haben. Es soll das richtige Scouting nicht ersetzen, sondern mit Daten ergänzen. Genauso wie die Wettervorhersage kann es keine 100 prozentige Antworten liefern, aber es kann das Feld der beobachtbaren Spieler erweitern und gleichzeitig auf bestimmte Spielereigenschaften fokussieren.

Global Soccer Network ergänzt normales Scouting.

Datenscouting ist zu teuer?

Wie wir sehen, kann uns Datenscouting sehr helfen. Doch wie teuer ist es? Nehmen wir mal an, unser Wetterdienst würde uns Geld kosten. Wieviel Euros würdest du bereit sein zu bezahlen, um zu wissen, wie das Wetter morgen im Harz aussehen wird? Mit einer Wetterprognose von über 90 % Wahrscheinlichkeit würden einige von uns vielleicht sogar ein paar Euros bezahlen. Immerhin, wenn ich weiß, dass es nicht regnet, muss ich keine neuen Regenklamotten kaufen. Zwei Euro für eine Wetterprognose könnten mir vielleicht 100 Euro für eine neue Regenjacke sparen.

Ihr wisst, worauf ich hinauswill. Datenscouting kostet, aber es kann Kosten sparen. Die Wahrscheinlichkeit von Fehleinkäufen wird reduziert. Bei einem 28-Mann-Kader würde schon ein Fehleinkauf weniger die Kosten vom Datenscouting ausbalancieren. Man könnte die Kadergröße verkleinern, denn die Wahrscheinlichkeit ist größer, dass die ausgewählten Spieler auch die Leistung bringen, die man von Ihnen erwartet.

Peter Vollmann hat viele gute Spieler verpflichtet, das bleibt außer Frage. Aber bei so einem großen Kader, haben wir viel „Luft“, also Spieler, die wir nicht gebrauchen können und die wir gerne von der Payroll weghaben würden. Dabei schränken wir auch unsere Handlungsfähigkeit ein, da wir so kein Geld für eine Nachrüstung übrighaben.

Poker-Vollmann

Nur scheint es mir leider so, dass Peter Vollmann ein Mann ist, der lieber 100 Euro für eine neue Regenjacke ausgibt, statt zwei Euro für die Wettervorhersage. Damit kommen wir auch schon zu der Frage, warum sollte ich mich als Fan, Sponsor oder Vereinsmitglied dafür interessieren, wie Eintracht Braunschweig scoutet? Ganz einfach, wir sind finanziell wegen dem 3. Liga -Abstieg 2018 und der aktuellen Coronakrise in der Klemme. Eintracht Braunschweig musste in den letzten Jahren mächtig sparen und wie wir gestern auf der JHV erfahren haben, wird es auch nicht so schnell wieder besser werden. Scouting- Abteilung, eine Konkurrenzfähige Zwote, Fanshop in der Innenstadt, Eintracht-TV usw. Auf all das mussten wir verzichten.

Liebe Fans, mit unserem Geld wird gepokert. Eintracht hat, unter Peter Vollmann, alles auf eine Karte gesetzt und vieles dabei auch richtig gemacht. Der sportliche Erfolg wurde geradezu erzwungen. Hinter den Kulissen wird allerdings gemunkelt, dass Eintracht besser die Spieler bezahlt als so viele andere Vereine in der gleichen Situation. Alles andere wird dabei aus der acht gelassen und uns Fans erzählt man, wir können es uns nicht leisten ein Livestream für die Testspiele einzurichten.

Es ist in unserer Situation schon richtig auf den sportlichen Erfolg zu setzen. Doch ich bekomme Magenschmerzen bei dem Gedanken, dass wir einen viel zu großen Kader haben und vielleicht 20 – 30 Prozent zu viel Geld für Spieler ausgeben. Wir könnten mit Datenscouting uns modern aufrüsten und gleichzeitig unsere Konkurrenzfähigkeit steigern.

Was ist, wenn Kobylanski länger ausfällt?

Wir mussten mit Niko Kijewski schon einen sehr schmerzlichen Ausfall verkraften. Momentan ist auch Martin Kobylanski verletzt. Was ist, wenn er länger ausfällt? Wir müssten dann eventuell im Winter nachrüsten. Doch wie soll man einen Martin Kobylanski ersetzen? Genau hier könnte Datenscouting die Antwort liefern.

Ein allgemeiner Fehler ist es nämlich anzunehmen, dass Datenscouting kompliziert sei. Das kann man auch von Vollmanns Antwort heraushören, wenn er von „4000 Scouting Bögen“ spricht. Ich habe im Sommer die Datenscouting- und Ratingfirma Global Soccer Network (GSN) gefragt, wie man Martin Kobylanski ersetzen könnte. GSN macht Datenscouting Idiotensicher, in dem sie im Grunde alles in einem GSN-Indexwert zusammenpresst. Eine einzige Zahl beinhaltet im Grunde über 10 000 verschiedene Datenpunkte in einer Datenbank von ca. 350 000 Spielern.

GSN 9.7.2020 Screenshot https://twitter.com/info_gsn/status/1281275087946162182/photo/1

Stellt es euch vor wie Google, wo ich in der riesigen Datenbank danach eintippen kann: „Wer könnte Martin Kobylanski ersetzen“ und keine „4000 Scouting Bögen“ als Antwort bekomme, sondern vielleicht wie hier (im Bild oben) drei Spieler, die ihn ersetzen könnten. Und diese Spieler scoute ich dann genauer und sehe sie mit meinen eigenen Augen an, wenn ich es so möchte. Die Wahrscheinlichkeit die richtigen Spieler zu scouten ist viel höher, als wenn ich mir nur die Top-Scorer der 3. Liga ansehe.

Zusammenfassung

Fassen wir es zusammen. Peter Vollmann behauptet:

  • Datenscouting ist kompliziert – FALSCH
  • Auf nicht-finanzierbare Spieler hindeutet – FALSCH
  • Man müsste wild durch Europa fahren – FALSCH
  • Man geht in der Datenmenge unter und verliert den Fokus – FALSCH
  • Man sollte sich die Spieler lieber selbst ansehen – FALSCH (Mit Datenscouting zusammen RICHTIG)

Der neue Präsident Christoph Bratmann sprach von einer Kombination zwischen Tradition und Moderne. Ich erwarte nicht, dass wir plötzlich so modern mit Daten scouten wie FC Midtjylland oder FC Brentford, beide Vorreiter im Bereich Datenscouting, aber ich erwarte schon, dass mit meinem und mit dem Geld von anderen Fans und Sponsoren verantwortungsvoll umgegangen wird und wir nicht mit 100 Euro auf eine Regenjacke pokern, weil Peter Vollmans Augen Wolken im Horizont sehen.

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1 thought on “Datenscouting. Warum Wetterfrosch Peter Vollmann einfach nur Unrecht hat.

  1. Ich finde deinen Artikel toll.
    Wenn P.V. ein Mann wäre der für diesem Thema offen gegenüber stehen, sollte er es versuchen.
    Es unterstützt und erweitert die Möglichkeiten.
    Wir sollten es tun.

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