“Deshalb hasse ich die Relegation” (Teil 1.)
4 min readHallo Löwen,
unserer damaliger Trainer Torsten Lieberknecht hatte Recht, als er nach dem Hinspiel in der Relegation im Mai 2017 vor den Kameras sagte, dass er (deshalb) die Relegation hassen würde. Er hatte damals seine guten Gründe: eine Fehlentscheidung vom Schiedsrichter Sascha Stegemann, der fälschlicherweise bei Gustav Valsvik ein Handspielfoul sah und wodurch Wolfsburg im Relegationsspiel gegen Braunschweig einen Elfmeter bekam (und verwandelte).
Lieberknecht wusste Intuitiv was wir eigentlich alle wissen: Relegationsspiele zwischen Erstligisten und Zweitligisten sind ungerecht und sollten in ihrer jetzigen Form nicht stattfinden. Es geht mir heute in diesem Beitrag aber nicht um Fehlentscheidungen im Fussball, sondern um die Tatsache, dass die Expected Goals (xG) -Metrik meiner Meinung nach beweisen können, dass eine Relegation nur innerhalb einer Liga stattfinden sollte, also wie z. B. in England. Ich kann es in diesem Beitrag leider nicht 100 % beweisen, aber ich habe Indizien gefunden, die darauf hindeuten.
Indiz Nr. 1, die Expected Goals von 2015/16 bis 2018/19

Hier oben in der Tabelle kann man schön sehen, wie in den letzten Jahren 8-mal eine Partie zwischen den Erstligisten und Zweitligisten stattfand (Hin- und Rückspiele). Laut Expected Goals hatte 7 von 8-mal der 16er aus der Bundesliga die Oberhand. Nur einmal konnte sich ein Zweitligist in eine Partie durchsetzen – mit der Expected Goals -Metrik gemessen also. Im Hinspiel gegen Stuttgart spielte Union Berlin besser und hatte dadurch mehr Torchancen mit einem xG-Wert von 1,48. Am Ende war es auch die einzige Paarung, wo sich ein Zweitligist durchsetzen konnte und aufstieg.
Indiz 2. Die Ergebnisse aus 22 Partien von 2008/09 bis 2018/19
Die Expected Goals -Metrik wurde erst ungefähr 2015 aktiv aufgenommen. Es gibt also keine Daten (jedenfalls bei Wyscout nicht) die beweisen könnten, wie die Partien davor, mit der Expected Goals -Metrik gemessen, ausgingen. Die jetzige Relegation wurde erstmals wieder 2008/09 eingeführt. Seitdem wurden zwischen 1. Liga und 2. Liga 22-mal ein Relegationsspiel gespielt. 10-mal gewann der Erstligist die Partie (Reguläre Spielzeit), 9-mal spielten die Mannschaften unentschieden und nur 3-mal gewann ein Zweitligist die Partie (zwei davon Nürnberg vor elf Jahren 2009). Von den elf Relegationen gewann ein Erstligist 8-mal.
Indiz 3. Case Braunschweig vs. Wolfsburg
Es gibt auch Methoden zu sehen, wie sich die Expected Goals -Metrik verhaltet, wenn man genau ein Spiel ca. 100 000-mal durch spielt. Dadurch entstehen Variationen, aus denen man schliessen kann, wie oft ein Ergebnis, in so einer Simulation, auftreten würde. Dank einen gewissen Mr.Page konnte ich die Partien gegen Wolfsburg 2017 simulieren. Daraus ergibt sich folgende Ergebnisse:

Die erste Partie gegen Wolfsburg hätte Eintracht laut den erwarteten Toren nur in ca. 7 % der Fälle gewonnen. 24-mal aus 100 Spielen wäre es unentschieden ausgegangen. In über 68 % der Fälle hätte Wolfsburg das Spiel gewonnen. Leider haben wir Braunschweiger Fans besonders eine Szene im Kopf: den Elfmeter von Mario Gomez. Ohne diese Fehlentscheidung hätte Eintracht in ca. 20 % der Fälle gewonnen, oder in ca. 40 % der Fälle unentschieden gespielt. Wolfsburgs Siegchance wäre dadurch auf 38,6 % gesunken.
Im Rückspiel hatte Eintracht, wie man sieht, nur wenig Chancen. Wäre sie vielleicht nicht im Zugzwang gewesen, hätte das Spiel anders laufen können. Wir werden es nie wissen. So jedenfalls hatte Eintracht nur eine ca. 9 – 10 % Siegchance. In über Hälfte der Fälle würde Wolfsburg siegen – wie es auch am Ende leider geschah.
Wir können die zwei Spiele auch mit der sogenannte Expected Goals Plot -Methode betrachten:


Hier oben sehen wir gut den Spielverlauf laut erwarteten Toren. Es ergibt uns einen Einblick, wie die Partien gegen Wolfsburg liefen. Leider spiegeln diese Graphiken natürlich nicht die Emotionen wieder. In meinem Fall ist auch gut so! ;( Sie erzählen uns aber die Geschichte der Spiele in xG -Metrik gemessen.
Wir hatten im ersten Spiel eine gute Chance. Mirko Boland hatte in der 22. Minute eine 0,3 xG -Chance auf seinem Fuss. Danach waren wir bis zur 35. Minute mit Wolfsburg auf Augenhöhe. Nach dem Elfmetertor ging Wolfsburg voran und wir haben keine wirklichen Chancen mehr kreiert. Im Rückspiel hatten wir trotz Heimvorteil wenig dagegenzusetzen. Die beste Chance hatte C.Nyman in der 13. Minute: 0,12 xG.

Fazit: Diese Indizien erzählen natürlich nicht die ganze Geschichte. Es sind ein Teil der Geschichte von 22 Relegationsspiele zwischen Liga 1. und Liga 2. Wenn wir uns die Relegationsergebnisse aus anderen Ländern, oder auch zwischen der 2.Liga und 3.Liga, ansehen, dann kommen wir zu einem anderen Ergebnis. Aber dafür wäre mir dieser Beitrag heute zu lange geworden. Es folgt aber mit Sicherheit noch ein Teil 2.
Ich traue mir trotzdem zu ein paar Schlüsse aus dem vorherigen Beitrag zu ziehen:
- Die Spiele zwischen den Erstligisten und Zweitligisten liefen bisher sehr schlecht für die Zweitligisten. Es fehlte oft nicht nur das Glück, sondern es war ein Klassenunterschied zu sehen.
- Simulationen, ähnlich wie die von den Partien Wolfsburg – Braunschweig, sollten auch für andere Relegationspartien durchgeführt werden. Ich denke am Ende haben die Zweitligisten gegen Erstligisten nicht viele Chancen gehabt. Jedenfalls war es so der Fall in 7/8 Partien.
- Die Relegation sollte zwischen 1. Liga und 2. Liga abgeschafft werden. Ein Münzwurf oder Elfmeterschiessen wären für einen Zweitligisten gerechter, als zwei Partien gegen einen Bundesligisten zu spielen.